High-Tech aus Nordrhein-Westfalen für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
Die sicherheitspolitischen Herausforderungen Europas verdeutlichen, wie wichtig eine starke industrielle Basis und technologische Souveränität sind. Nordrhein-Westfalen spielt dabei eine Schlüsselrolle: Mit einer einzigartigen Kombination aus exzellenter Wissenschaft, starkem Mittelstand und industrieller Schlagkraft ist das Land ein Innovationsmotor für die Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeit Europas.
NRW als High-Tech-Standort für Verteidigung
Spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist
klar, dass Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit neu gedacht werden müssen.
Während die Politik mit der sogenannten Zeitenwende und milliardenschweren
Investitionen reagiert hat, liegt der eigentliche Schlüssel zur Wehrhaftigkeit
in einer leistungsfähigen, technologisch führenden Industrie.
Nordrhein-Westfalen bietet dafür eine besonders starke Ausgangsbasis. Das Land
verbindet eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur mit herausragender wissenschaftlicher
Kompetenz und hat sich in zahlreichen Schlüsseltechnologien als führend
erwiesen.
Bereiche wie Künstliche Intelligenz, Robotik, Sensorik, Photonik, Werkstofftechnik, additive Fertigung, Mikrosystemtechnik und Cybersecurity gehören heute zu den Feldern, in denen NRW international sichtbar ist. Diese Technologien sind eng mit sicherheits- und verteidigungsrelevanten Anwendungen verknüpft. Autonome Systeme für Aufklärung und Logistik, vernetzte Sensorplattformen für ein präzises Lagebild, widerstandsfähige Kommunikationssysteme oder neue Werkstoffe für Schutz und Leichtbau zeigen, wie die zivile Innovationskraft in NRW zu einer tragenden Säule der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie werden kann.
Auch die Energietechnologien, die in NRW entwickelt werden, sind für die Verteidigung von hoher Bedeutung. Fortschritte bei Batterien, Brennstoffzellen oder nachhaltigen Kraftstoffen eröffnen die Möglichkeit, militärische Fahrzeuge und Systeme energieeffizienter, unabhängiger und resilienter zu machen. Damit wird deutlich: NRW liefert nicht nur Technologien von morgen, sondern schafft bereits heute die Grundlagen für Verteidigungssysteme, die in Europa und darüber hinaus dringend benötigt werden.
Wirtschaftliche Stärke als Basis für Resilienz
Nordrhein-Westfalen erwirtschaftet über ein Fünftel der
deutschen Wertschöpfung und zählt mehr als 1,5 Millionen Beschäftigte im
verarbeitenden Gewerbe. Diese industrielle Schlagkraft bildet die Basis, auf
der die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie aufbauen kann. Besonders
wichtig ist dabei die enge Verknüpfung zwischen großen Industrieunternehmen,
einem hochspezialisierten Mittelstand und der Zulieferlandschaft. In vielen
Regionen NRWs entstehen sicherheitsrelevante Produkte entlang kompletter Wertschöpfungsketten,
von hochpräzisen Metallkomponenten bis zu komplexen Elektroniksystemen.
Gerade der Mittelstand ist ein entscheidender Treiber. Viele kleinere und mittlere Unternehmen in NRW verfügen über spezialisierte Spitzenfähigkeiten, die in großen Systemen unverzichtbar sind. Ohne ihre Beiträge wären moderne Verteidigungsplattformen nicht denkbar. Exemplarisch lassen sich hier innovative Anwendungen in der Robotik, in der additiven Fertigung oder in der Sensorik nennen, die aus der Region heraus entwickelt werden und inzwischen europaweit gefragt sind. Ministerin Mona Neubaur betont im Interview in diesem Magazin die besondere Stärke dieser Vielfalt: „Wir haben das Glück in NRW, eine sehr breit aufgestellte und robuste Wirtschaft zu haben. Unsere Unternehmen – vom kleinen Start-up über den Mittelstand bis hin zu Großunternehmen – haben enormes Know-how. Und unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen bringen zusätzliches Wissen mit. In NRW steckt viel Zukunft“.
Diese wirtschaftliche Substanz führt nicht nur zu sicherheitspolitischem Nutzen, sondern auch zu positiven regionalen Effekten. Investitionen in sicherheitsrelevante Technologien bedeuten zusätzliche Arbeitsplätze, höhere Steuereinnahmen und eine Stärkung der industriellen Basis in vielen Regionen. Für die Wirtschaft selbst ist die Verteidigungsindustrie zugleich ein Innovationstreiber, der internationale Märkte öffnet und langfristige Wettbewerbsfähigkeit unterstützt.
Wissenschaftliche Exzellenz mit Verantwortung
Neben der Industrie spielt die Wissenschaftslandschaft in
NRW eine bedeutende Rolle. Mit exzellenten Universitäten, den
Fraunhofer-Instituten und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt verfügt
das Land über ein dichtes Netz an Forschungsakteuren. Zwar gilt an einigen
Universitäten eine Zivilklausel, die militärische Forschung einschränkt, doch
gerade durch die Dual-Use-Dimension vieler Technologien wird der Beitrag zur
Sicherheits- und Verteidigungsindustrie trotzdem greifbar. Künstliche
Intelligenz, neue Werkstoffe, Photonik oder Mikrosystemtechnik sind Bereiche,
in denen zivile Forschungsergebnisse unmittelbar in sicherheitsrelevante
Anwendungen übertragen werden können.
Die Nähe von Wissenschaft und Wirtschaft ist dabei ein Erfolgsfaktor. Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen bringen Innovationen schneller in die Anwendung. Die Landesregierung unterstützt diesen Weg, wie Neubaur im Interview betont: „Wir brauchen eine ganzheitliche Vorstellung von Sicherheit – eine, die Menschen mitnimmt, die Wirtschaft einbindet und die Demokratie schützt. […] Eine stabile, wehrhafte Demokratie braucht klare Werte – aber eben auch moderne Technologien. Und hier spielt die Wirtschaft eine ganz zentrale Rolle“.
Regionale Wertschöpfungsketten und europäische Souveränität
Die jüngsten Krisen haben gezeigt, wie verletzlich globale
Lieferketten sind. Gerade im Verteidigungsfall entscheidet die regionale
Verfügbarkeit von Gütern darüber, ob Streitkräfte handlungsfähig bleiben. NRW
leistet hier einen wichtigen Beitrag zur Resilienz. Eine in der Region
verankerte Produktion von Elektronik, Werkstoffen oder Antriebssystemen
verkürzt Lieferketten und reduziert Abhängigkeiten von externen Anbietern.
Darüber hinaus stärkt NRW durch seine industrielle Basis auch die europäische Handlungsfähigkeit. Die Nationale Sicherheitsstrategie betont, dass Europa auf eine wettbewerbsfähige Verteidigungsindustrie angewiesen ist. Als sechstgrößte Volkswirtschaft der EU wäre NRW auch eigenständig ein industrielles Schwergewicht. Diese Größe und Vielfalt macht das Land zu einem unverzichtbaren Partner in europäischen Kooperationsprogrammen. Dr. Hans C. Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des BDSV, unterstreicht dies: „Mittelständler, die über sehr stark spezialisierte Spitzenfähigkeiten verfügen, bilden schon heute zu maßgeblichen Teilen die Lieferketten der bekannten Systemhäuser. Ohne ihren Input wären die Spitzenprodukte der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland nicht vorstellbar“.
So wird deutlich: Nordrhein-Westfalen trägt nicht nur national, sondern auch europäisch entscheidend dazu bei, Souveränität und Abschreckungsfähigkeit sicherzustellen.
Chancen und Potenziale
Die Perspektiven für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
in NRW sind vielversprechend. Zum einen sind zahlreiche Schlüsseltechnologien
mit hohem Dual-Use-Potenzial bereits stark entwickelt. Fortschritte in der
additiven Fertigung, in der industriellen Computertomographie oder in der
Sensorik lassen sich sowohl für zivile Märkte als auch für militärische
Anwendungen nutzen. Zum anderen sind die politischen Rahmenbedingungen günstig:
Bund und EU investieren so viel in Verteidigung wie seit Jahrzehnten nicht.
Förderprogramme wie der European Defence Fund eröffnen gezielt Chancen für
technologieorientierte Unternehmen.
Gleichzeitig gibt es Herausforderungen. Bürokratische Hürden, lange Beschaffungszyklen und ein harter Wettbewerb um Fachkräfte erfordern strategische Antworten. Doch genau hier liegen auch Chancen: Wer Strukturen modernisiert, Beschaffung beschleunigt und die Ausbildung in MINT-Berufen stärkt, schafft Voraussetzungen für eine noch dynamischere Entwicklung. Für NRW bedeutet dies, dass die vorhandenen Stärken gezielt ausgebaut werden können, um auch künftig eine führende Rolle zu spielen.
Fazit
Nordrhein-Westfalen ist bereits heute ein starker Pfeiler
der europäischen Verteidigungsfähigkeit. Die Kombination aus industrieller
Breite, wissenschaftlicher Exzellenz und technologischer Innovationskraft macht
das Land zu einem unverzichtbaren Akteur in einem unsicherer gewordenen Umfeld.
Gleichzeitig bietet die Zukunft enormes Potenzial: Von der weiteren Integration
in europäische Kooperationsprogramme bis zur Entwicklung neuer
Schlüsseltechnologien eröffnet sich ein breites Feld an Möglichkeiten.
Das Land hat die richtigen Voraussetzungen, diese Chancen zu ergreifen. Nordrhein-Westfalen kann damit nicht nur die eigene industrielle Basis stärken, sondern auch einen entscheidenden Beitrag für ein souveränes, widerstandsfähiges und sicheres Europa leisten. Oder wie es Ministerin Neubaur formuliert: „Lasst uns aus NRW heraus Impulse setzen – für eine innovative Wirtschaft, die unsere Demokratie stärkt. Und für ein Europa, das sicher, solidarisch und zukunftsfest ist“.
