CENIDE: Graphen unter Beschuss

Bildunterschrift: Die elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt das unbeschädigte Graphen-Gitter auch nach dem Ionenbeschuss. In der hohen Auflösung ist deutlich die Bienenwaben-Struktur aus je sechs Kohlenstoff-Atomen zu erkennen. ©AG Schleberger

Pressemitteilung CENIDE 06.02.2017

Das Teilchen durchschlägt die hauchdünne Probe mit bis zu 450.000 km/s, doch alles bleibt heil: So geschehen bei einem internationalen Wissenschaftler-Team, zu dem auch Professor Dr. Marika Schleberger vom Center for Nanointegration (CENIDE) der Universität Duisburg-Essen (UDE) gehört. Ihre Probe aus freitragendem Graphen konnte die Ladung eines energiereichen Ions innerhalb von Femtosekunden ausgleichen und so eine Explosion im Nano-Maßstab verhindern. „Nature Communications“ berichtet darüber in seiner aktuellen Ausgabe. Freistehendes Graphen ist sehr schwierig zu präparieren und stabilisieren, daher wandte sich die federführende Arbeitsgruppe von der Technischen Universität Wien an UDE-Physikerin Marika Schleberger: Ihren Teammitgliedern Roland Kozubek und Anke Hierzenberger gelang das Kunststück, das 2D-Material ohne stabilisierende Unterlage nahezu defektfrei auf ein Gitter aus Goldstegen zu überführen. Dessen Zwischenräume von etwa 1,2 Mikrometern Durchmesser erlaubten es, die einzelne Lage Kohlenstoffatome freischwebend zu untersuchen.

Die Experimente fanden im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf statt: Hier zeigte sich, dass Graphen im Gegensatz zu anderen Kohlenstoffschichten in der Lage ist, innerhalb von Billiardsteln einer Sekunde negativ geladene Elektronen an die Stelle zu leiten, der sich ein stark positiv geladenes Ion nähert. Schon vor dem Einschlag gleicht es so die Ladungen aus und verhindert eine Mini-Explosion, die das Material stark schädigen würde. Untersuchungen im Interdisciplinary Center for Analytics on the Nanoscale (ICAN) an der UDE konnten dies im Bild belegen: Die hochauflösende Mikroskopie macht einzelne Kohlenstoffatome sichtbar und offenbarte vor und nach dem Ionenbeschuss ein völlig intaktes Gitter.

„Das war eine Überraschung für uns,“ berichtet Schleberger. „Graphen toleriert offenbar dreimal höhere Stromdichten als bisher vermutet.“ Im nächsten Schritt wollen sie untersuchen, wie andere 2D-Materialien und Mehrfachschichten auf den Ionenbeschuss reagieren.

Für die Publikation in „Nature Communications“ hat ein internationales Team aus Experimentalphysikern und Theoretikern zusammengearbeitet.

Originalpublikation: E. Gruber, R.A. Wilhelm, R. Pétuya, V. Smejkal, R. Kozubek, A. Hierzenberger, B.C. Bayer, I. Aldazabal, A.K. Kazansky, F. Libisch, A.V. Krasheninnikov, M. Schleberger, S. Facsko, A.G. Borisov, A. Arnau, F. Aumayr: „Ultrafast electronic response of graphene to a strong and localized electric field“, Nature Communications 7, 13948 (2016) DOI: 10.1038/ncomms13948

Weitere Informationen: Prof. Dr. Marika Schleberger, 0203 379-1600, marika.schleberger@uni-due.de

CENIDE - Center for Nanointegration Duisburg-Essen, Universität Duisburg-Essen

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